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Berger, Der Beschaffenheitsbegriff des § 434 Abs. 1 BGB, JZ 2004, 276; ders, Kaufrechtliche Mängelrechte im Kunsthandel, KUR 2003, 137; Boerner, Kaufrechtliche Sachmängelhaftung und Schuldrechtsreform, ZIP 2001, 2264; Grigoleit/Herresthal, Grundlagen der Sachmängelhaftung im Kaufrecht, JZ 2003, 118; dies., Die Beschaffenheitsvereinbarung …, JZ 2003, 233; Heiderhoff/Skamel, Teilleistung im Kaufrecht, JZ 2006, 383.
Bach/Wöbbeking, Das Haltbarkeitserfordernis der Warenkauf-RL als neuer Hebel für mehr Nachhaltigkeit?, NJW 2020, 2672; Beck, Die Rechte des Käufers bei fehlender Nachhaltigkeit der Kaufsache, NJW 2022, 3313; Croon-Gestefeld, Die nachhaltige Beschaffenheit der Kaufsache, NJW 2022, 497; Deutschmann, Der neue Sachmangelbegriff des § 434 BGB n.F., NJ 2022, 14; Dubovitskaya, Kauf von Waren mit digitalen Elementen, MMR 2022, 3; Giebler, Praktische Auswirkungen des Gesetzes zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags, DAR 2021, 673; Kirchhefer-Lauber, Digitales Kaufrecht 2022, JuS 2021, 918; Lorenz, Die Umsetzung der EU-Warenkaufrichtlinie in deutsches Recht, NJW 2021, 2065; Meller-Hannich, Die Warenkaufrichtlinie und ihre Umsetzung, DAR 2021, 493; Schrader, Die neue vertragliche Haftung für „smarte Produkte“, JA 2022, 1; Wendehorst, Die neuen kaufrechtlichen Gewährleistungsregelungen …, JZ 2021, 974; dies., Die neuen Regelungen im BGB zu Verträgen über digitale Produkte, NJW 2021, 2913; Wilke, Besonderheiten der Beschaffenheitsvereinbarung im Kaufgewährleistungsrecht, NJW 2023, 633.
- 1. Allgemeines (Rn. 1-3)
- 2. Anwendungsbereich (Rn. 4, 5)
- 3. Subjektive Anforderungen (II) (Rn. 6-12)
- 4. Objektive Anforderungen (III) (Rn. 13-22)
- 5. Montageanforderungen (IV) (Rn. 23-25)
- 6. Falschlieferung (V) (Rn. 26-30)
- 7. Einzelfälle (Rn. 31-38)
1. Allgemeines
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a) Bedeutung. Die Bestimmung enthält die Maßstäbe für die Sachmängelfreiheit der Kaufsache. Der Verkäufer hat Sachen zu liefern, die den subjektiven und objektiven Anforderungen sowie den Montageanforderungen entsprechen. Dies hat Bedeutung für den Erfüllungsanspruch gem § 433I 2 und (bei Vorliegen eines Sachmangels) die Rechte des Käufers gem § 437. Die Norm dient der Umsetzung von Art. 5–8 WK-RiLi und wurde mWv 1.1.2022 neu gefasst (→ Vor §§ 433–480, Rn. 4). Um einen „gespalteten Mangelbegriff“ – insbes im Hinblick auf den in Art. 18 WK-RiLi vorgesehenen Rückgriff in der Absatzkette (s. § 478) – zu vermeiden, übernimmt § 434 die Vorgaben der Richtlinie auch für nicht unter § 474 fallende Kaufverträge (Staudinger/Arzt, Rn. 22); zur Bedeutung für die Auslegung → Vor §§ 433–480, Rn. 3.
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b) Überblick. § 434 definiert nicht den Sachmangel, sondern die Freiheit der Kaufsache von Sachmängeln. Sachmängelfreiheit liegt vor, wenn die Kaufsache bei Gefahrübergang kumulativ den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen entspricht; fehlt auch nur eine Anforderung, ist die Sache nicht sachmangelfrei. Die subjektiven Anforderungen werden wesentlich durch Beschaffenheitsvereinbarungen (II) geprägt. Für die objektiven Anforderungen kommt es auf die gewöhnliche Verwendung, die Üblichkeit und die Erwartungen der Käufer (unter Berücksichtigung dem Verkäufer zurechenbarer öffentlicher [Werbe-]Äußerungen) an; allerdings stehen die objektiven Anforderungen unter dem Vorbehalt anderweitiger Vereinbarungen (III). Die Montageanforderungen sind erfüllt, wenn die Montage sachgemäß durchgeführt worden ist, oder, falls unsachgemäß, der Verkäufer hat die Montage nicht selbst vorgenommen hat und die Montageanleitung mangelfrei ist (IV). V stellt die Falschlieferung einem Sachmangel gleich; Zuweniglieferungen fallen unter III 2.
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c) Die Beweislast für den Mangel trägt analog § 363 nach Annahme der Käufer, zuvor für Vertragsgemäßheit der angebotenen Kaufsache der Verkäufer. Durch vorbehaltlose Mangelbeseitigungsversuche erkennt der Verkäufer uU einen Mangel an (s. OLG Karlsruhe NJW 2009, 1150); Bedeutung auch für § 212I Nr. 1 (→ § 439 Rn. 15). Sa §§ 443II, 477.
2. Anwendungsbereich
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a) Sachlich gilt § 434 für den Sachkauf (Stück- und Gattungskauf, auch Kauf eines Tieres), den Vertrag über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen (§ 650), den Schiffskauf (§ 452), den Rechtskauf (§ 453I 1), für den Tausch (§ 480), die Hingabe an Erfüllungs statt (§ 365), das Sachdarlehen (§ 607; BGH NJW 1985, 2417, 2418), den Vergleich (§ 779; RGZ 54, 165, 167), die Auseinandersetzung einer Gesellschaft oder Gemeinschaft (§§ 731 S. 2, 757) und (analog) für andere Verträge, die auf Veräußerung oder Belastung einer Sache gerichtet sind (vgl §§ 445, 493 aF), zB die Pflichtteilsabgeltung durch Sachleistung (BGH NJW 1974, 363), die entgeltliche Verpflichtung zur Bestellung einer Hypothek, eines Erbbaurechts (iE BGHZ 96, 385, 387), eines Pfandrechts oder zur Sicherungsübereignung, nicht für den Verbrauchervertrag (§ 310III) über den Verkauf digitaler Inhalte (§ 453I 2 Nr. 2), die Schenkung (unentgeltlich), das Sacheinlageversprechen (kein Veräußerungsvertrag, str) und die Ausbietungsgarantie (RGZ 157, 175, 177: Eigentumsverschaffungspflicht fehlt). Keine Anwendung ferner bei Haftungsausschluss (§ 444), Verkauf als Pfand in öffentl Versteigerung (§ 445), Veräußerung in der Zwangsvollstreckung (§ 806 ZPO, § 56 S. 3 ZVG) und Erbschaftskauf (§ 2376II, sofern der Mangel nicht arglistig verschwiegen oder eine Beschaffenheitsgarantie übernommen wurde).
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b) Zeitlich bezieht sich I 1 auf den Übergang der Gefahr; gemeint ist die Preisgefahr (s. §§ 446 f.). Der Verkäufer trägt also bis zum Gefahrübergang das Risiko der Verschlechterung der Kaufsache und kann den Mangel beseitigen. Der Käufer kann vor Gefahrübergang die Annahme der mangelhaften Sache ablehnen, → § 437 Rn. 29. Hat er die mangelhafte Sache angenommen, geht die Gefahr nicht nach § 446 über (→ § 446 Rn. 3). Abzustellen ist in diesem Fall auf den Zeitpunkt des hypothetischen Gefahrübergangs, dh den Zeitpunkt, in dem die Gefahr bei Mangelfreiheit übergehen sollte (BeckOK/Faust Rn. 24: fiktiver Gefahrübergang); ebenso bei Gattungsschulden, bei denen Gefahrübergang zur Konkretisierung (§§ 243II, 300II) führt. Der Mangel muss zu diesem Zeitpunkt jedenfalls „dem Grunde nach“ vorhanden sein, auch wenn er erst später erkennbar hervortritt. Ob der Mangel bereits bei Vertragsschluss vorlag oder erst danach entstanden ist, ist nur für den Schadensersatz von Bedeutung (§ 311aII oder §§ 280I, III).
3. Subjektive Anforderungen (II)
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a) Subjektive und objektive Anforderungen bilden den Maßstab für die Sachmangelfreiheit der Kaufsache (I). II normiert in Umsetzung von Art. 6 WK-RiLi die Voraussetzungen der subjektiven Anforderungen. Maßstab ist die Beschaffenheitsvereinbarung (Nr. 1), die Eignung für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung (Nr. 2) sowie die Übergabe des vertragliche vereinbarten Zubehörs und der Anleitungen (Nr. 3). Die Beschaffenheitsvereinbarung bezieht sich auf einzelne Merkmale der Kaufsache, die Verwendungseignung auf ihren Gebrauchszweck. Beides lässt sich nicht immer trennscharf scheiden.
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b)Beschaffenheitsvereinbarung.aa) Die Beschaffenheitsvereinbarung muss hinreichend deutlich (stRspr; BGH NJW 2018, 146, Rn. 18; BGH NJW 2022, 686, Rn. 35 stellt „strenge Anforderungen“ [zu § 434 aF]) Inhalt des Kaufvertrags geworden sein. Die Vereinbarung kann ausdrücklich oder konkludent (BGH NJW 2021, 151, Rn. 20: „TÜV/AU neu“ [zu § 434 aF]) erfolgen. Konkludente Abrede kann vorliegen, wenn der Verkäufer vor oder bei Vertragsschluss die Kaufsache beschreibt oder auf ein Muster verweist. Formvorschriften sind zu beachten, etwa § 311bI beim Grundstückskauf (s. BGH NJW 2016, 1815, Rn. 13 ff. mN. [zu § 434 aF]: vorvertragl Beschreibung, die nicht in den notariellen Vertrag übernommen wird, ist keine Beschaffenheitsvereinbarung). Die Vereinbarung kann auf das Vorhandensein von (positiven) Eigenschaften oder auf das Nichtvorhandensein (negativer) Merkmale gerichtet sein (BGH NJW 2019, 2380 Rn. 18 [zu § 434 aF]). Dem Käufer günstige Abweichungen begründen keinen Sachmangel. Nicht erforderlich ist, dass der Verkäufer für Eigenschaften oder Beschaffenheit der Kaufsache bes Garantien übernimmt (sa § 443) oder etwa erklärt, für ihr Vorliegen „einstehen“ zu wollen. Bedeutung kann eine bes Zusicherung aber für den Haftungsmaßstab gem § 276I bei der Schadensersatzhaftung (→ § 437 Rn. 23) erlangen. Auch geringfügige Abweichungen begründen einen Sachmangel. Allerdings ist gem § 323V 2 der Rücktritt wegen eines geringfügigen Sachmangels ausgeschlossen, der Nacherfüllungsanspruch ggf gem § 439IV eingeschränkt, nicht aber die Minderung gem § 441 (sa § 441I 2). Verhältnis zur Verwendungseignung: Entspricht die Beschaffenheit der Kaufsache vollauf den Vereinbarungen, kann ein Sachmangel gleichwohl gem II 1 Nr. 2 vorliegen, wenn es an der Verwendungseignung fehlt. Bsp: Die Traghöhe eines Krans entspricht der Vereinbarung, nicht aber die für den vertraglichen Verwendungszweck erforderliche Tragkraft.
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bb) II 1 Nr. 1 liegt ein weiter Beschaffenheitsbegriff zugrunde (BGH NJW 2020, 1287 Rn. 37 [zu § 434I aF]). Die Parteien können daher ausdrücklich oder konkludent beliebige Eigenschaften einer Kaufsache zur Soll-Beschaffenheit erklären und damit den Bestimmungen der §§ 433I 2, 437 ff. unterwerfen. Zu den einer Beschaffenheitsvereinbarung offen stehenden Merkmalen zählen darüber hinaus auch nicht mit den physischen Eigenschaften der Kaufsache zusammenhänge Umstände (Datum der Erstzulassung oder Zahl der Vorbesitzer eines Pkws, Steuerfreiheit und Möglichkeit erhöhter Abschreibung, Mietertrag eines Grundstücks, Bonität des Mieters oder Dauer eines Mietverhältnisses, Betriebserlaubnis eines Kfz [vgl BGH NJW 2020, 1287 Rn. 28 ff.: Felgen]) und Merkmale, die sich aus der Umweltbeziehung der Sache ergeben und Einfluss auf ihre Wertschätzung haben (BT-Drs. 19/27424, 23; zu § 434 aF BGH NJW 2016, 2874, Rn. 11 ff. [Herstellergarantie]). Zu diesen Merkmalen gehören auch die in II (anders als in §§ 475bII, 475c zum Verbrauchsgüterkauf) nicht ausdr aufgeführten Software-Aktualisierungen und dauerhaft bereitgestellte digitale Dienstleistungen (Wendehorst, JZ 2021, 974, 980 f.). Darüber hinaus können auch Umstände, die keinen Bezug zur Kaufsache (mehr) aufweisen, Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung sein (str, dazu BeckOK/Faust Rn. 16 ff.), beispielsweise die Zahl der Vorbesitzer, Provenienz oder Produktionsbedingungen („fair“, nachhaltig“; Lüttringhaus AcP 219, 29).
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cc) II 2 nennt beispielhaft aber nicht abschließend mögliche Gegenstände einer Beschaffenheitsvereinbarung. (aaa) Dazu zählen neben Art, Menge und Qualität die Merkmale Funktionalität (Geeignetheit zur Zweckerfüllung), Kompatibilität (Funktionsfähigkeit mit üblicher Hard- und Software) und Interoperationalität (Funktionsfähigkeit mit anderer Hard- und Software als der üblicherweise genutzten) der Kaufsache (sa § 327eII 2–4). Zu Art und Beschaffenheit gehören Bebaubarkeit eines Grundstücks, Wohnfläche, Vorliegen einer Baugenehmigung, Urheberschaft und Echtheit eines Kunstwerkes, Fabrikneuheit eines Fahrzeugs, Alter, Baujahr, Kilometerleistung, Werkstattprüfung und Unfallfreiheit von Gebrauchtwagen, inhaltliche Richtigkeit von Druckwerken.
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(bbb) Mengenabweichungen (1) Die Zuweniglieferung („minus-Lieferung“, Mankolieferung) steht einem Sachmangel gleich (II 2 „Menge“). Nicht bei vereinbarter (Sukzessivlieferungsvertrag) oder vom Käufer akzeptierter (vgl § 266) und daher: „offener“ Teillieferung (Grüneberg/Weidenkaff, Rn. 10; aA Staudinger/Arzt, Rn. 45: auch offene Quantitätsabweichungen): Anwendung finden hier allg Regeln der (Teil-)Nichterfüllung; der Käufer behält für den offenen Teil den ursprünglichen Erfüllungsanspruch. Bei (verdeckten) Zuweniglieferungen ist der Nachbesserungsanspruch gerichtet auf Restlieferung, der Ersatzlieferungsanspruch auf Lieferung einer vollständig anderen Gesamtmenge (→ § 439 Rn. 9). Der Käufer kann ferner mindern (§§ 437 Nr. 2, 441) und im Hinblick auf die nicht erbrachte Teilleistung vom (Rest-)Vertrag zurücktreten (§§ 437 Nr. 2, 323) und Schadensersatz statt der (Teil-)Leistung verlangen (§§ 437 Nr. 3, 280, 281). (2) Die Zuviellieferung fällt nicht unter II 2 und kann vom Käufer gem § 812I 1 Fall 1 kondiziert werden; ggf Angebot zur Änderung des Kaufvertrags.
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c) II 1 Nr. 2 dient dem Käuferschutz. Subjektive Anforderungen können sich auch aus der vertraglich vorausgesetzten Verwendung ergeben, die nicht mit der üblichen Verwendung übereinstimmen muss. Vertraglich vorausgesetzt ist die zwar nicht rechtsgeschäftlich vereinbarte, aber von beiden Vertragsparteien übereinstimmend unterstellte Verwendung der Kaufsache (BGH NJW 2017, 2817, Rn. 16 [zu § 434 aF]; für Vertrag Lorenz NJW 2021, 2065, 2066). Verwendungszwecke können sein die Nutzung eines Gebäudes als Wohn-, Geschäfts-, Fabrikations- oder Lagerraum, eines Grundstücks als Gewerbe- oder Baugrundstück.
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d) Die Kaufsache muss nach II 1 Nr. 3 mit vertraglich vereinbartem Zubehör und Anleitungen übergeben werden; fehlt eine Vereinbarung, gilt III 1 Nr. 4. aa) Zubehör sind Sachen, die für die bestimmungsgemäße oder vorausgesetzte Verwendung erforderlich sind. Der auf die Verkehrsanschauung abstellenden § 97 bietet nur Orientierung. Zubehör selbst muss mangelfrei sein. bb) Unter Anleitungen fallen Informationen zur Montage, Installation und Verwendung, gleich in welcher technischen Form (auch digital, grafisch, audiovisuell, online). Die Anleitung muss ihrerseits mangelfrei sein; auch insoweit gilt Vereinbarung oder vorausgesetzte Verwendung. Eine Anleitung ist mangelhaft, wenn sie falsche, lückenhafte oder – aus der Perspektive eines verständigen Käufers – unklare Handlungsanweisungen gibt. Darf die Montage nur durch einen Fachmann vorgenommen werden, ist dessen Verständnishorizont maßgeblich (AG Bremen NJW-RR 2015, 380, 381 [zu § 434 aF]). Mangelhafte Anleitung führt unabhängig von Beschaffenheit der Kaufsache zu Sachmangel. Aber keine Einstandspflicht des Verkäufers bei fehlerfreier Montage oder wenn fehlerhafte Montage nicht auf mangelhafter Anleitung beruht. Hauptanwendungsgebiet ist Möbelhandel („IKEA-Klausel“), ferner zB „Handbücher“ beim Softwarekauf.
4. Objektive Anforderungen (III)
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a) Neben den subjektiven muss die Kaufsache auch die objektiven Anforderungen erfüllen (I). In Umsetzung von Art. 7 WK-RiLi normiert III dafür die Voraussetzungen, die insbes dann Bedeutung gewinnen, wenn subjektive Anforderungen nicht vereinbart worden sind, wie häufig bei Geschäften des täglichen Lebens. Die Kaufsache muss zur gewöhnlichen Verwendung geeignet sein und die übliche Beschaffenheit aufweisen. Objektive Anforderungen beruhen auf Gesetz und sind daher von einer Formvorschrift nicht umfasst (zu § 311b s BGH NJW 2018, 1954, Rn. 21 [Feuchtigkeit Wohnimmobilie; zu § 434 aF]).
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b) Für die objektiv zu bestimmende Eignung zur gewöhnlichen Verwendung(III 1 Nr. 1) ist auf die Art der Sache und den verständigen Durchschnittskäufer abzustellen; maßgeblich sind insbesondere der Verwendungszweck (unternehmerisch oder privat) und legitime Käufererwartungen. Zu berücksichtigen sind dazu auch (Unions-)Recht, technische Normen und „sektorspezifische Verhaltenskodizes“ (Art. 7 I a] WK-RiLi). Einzelfälle → Rn. 31 ff.
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c) Die Beschaffenheit muss für die Art der Kaufsache unter Berücksichtigung der Käufererwartungen objektiv üblich (III 1 Nr. 2 a]) sein. aa) Zur üblichen Beschaffenheit zählen insbes Menge, Qualität, Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit (III 2; sa II 2). Maßgeblich sind wiederum Verwendungszweck (unternehmerisch oder privat) und legitime Käufererwartungen auf der jeweiligen Handelsstufe. Ein gebrauchter Pkw darf zB nicht mit einem Neuwagen verglichen werden, eine Großküchenmaschine nicht mit einem Haushaltsgerät; hingegen ist der Vergleich eines gebrauchten Pkw mit ähnlichen Wagen anderer Hersteller möglich (OLG Düsseldorf NJW 2006, 2858). Hier stellen sich erhebliche Abgrenzungsfragen. Dabei spielt auch der Kaufpreis eine Rolle. Für das Merkmal „Haltbarkeit“ ist prognostisch und produktspezifisch (Verschleißteil) auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs abzustellen (BeckOK/Faust Rn. 88); der Verkäufer haftet nicht dafür, dass die Kaufsache ihre Beschaffenheit und Verwendungsgeeignetheit dauerhaft behält (keine Haltbarkeitsgarantie [s § 443II], BT-Drs. 19/27424, 24).
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bb) Für die übliche Beschaffenheit sind auch dem Verkäufer zurechenbare öffentliche Äußerungen bestimmend (III 1 Nr. 2 b]). Werden sie Vertragsinhalt, gilt II. aaa) Öffentliche Äußerungen sind an eine Vielzahl von Personen gerichtete Erklärungen, insbes Werbeaussagen und Kennzeichnungen, etwa auf der Verpackung der Kaufsache („Etikett“), in Waren- und Auktionskatalogen, Zeitungsanzeigen, aber auch Produktbeschreibungen in der Öffentlichkeit, etwa anlässlich einer Präsentation, die auch „online“ erfolgen kann, nicht aber rein interne Aussagen, zB eines Sachverständigen oder Gutachters. Auch Angaben in einem Exposé fallen darunter, gleichgültig, ob es sich um ein Verkäufer- oder Maklerexposé handelt (BGH NJW-RR 2018, 752 Rn. 10; BGH NJW-RR 2020, 121 Rn. 14 [Kellerfeuchtigkeit] [je zu § 434 aF]).
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bbb) Zurechenbar ist die Äußerung dem Verkäufer, wenn sie (1) von ihm selbst (dann vielfach bereits Sachmangel gem II), (2) vom Hersteller oder anderen Beteiligten der Vertragskette (Importeur, Groß-, Einzelhändler) oder (3) von „Erklärungsbeauftragten“ stammt, insbes Werbeagenturen oder Verhandlungsgehilfen; nicht aber von (Waren-)Testunternehmen, es sei denn, der Verkäufer macht sich die Testergebnisse zu eigen.
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ccc) Nicht einstehen muss der Verkäufer nach III 3 für Äußerungen, (1) die er nicht kannte und auch nicht kennen musste (s. § 122II), (2) ferner wenn vor Vertragsschluss die Äußerung berichtigt wurde. Wer berichtigt, ist unerheblich; der Verkäufer kann Äußerungen von Hersteller oder Gehilfen berichtigen. Entscheidend ist eine der Äußerung „gleichwertige“, dh gleich wirksame Berichtigung. Maßgeblich ist die Käuferperspektive. Eine Äußerung zB in einer Werbekampagne kann nur durch eine gleich intensive „Richtigstellung“ zurückgenommen werden; eine Fortsetzung der Werbung unter Verzicht auf die Äußerung genügt nicht. Die Äußerung muss nicht unzutreffend sein; auch eine zutreffende Behauptung kann zurückgezogen werden, wenn Verkäufer für die Beschaffenheit nicht länger einstehen möchte. (3) Mangels Kausalität ist die Äußerung nicht zurechenbar, wenn sie die Kaufentscheidung nicht beeinflusst hat, etwa weil der Käufer sie nicht kannte. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags (BGH NJW 2021, 3781, Rn. 13 [notarielle Beurkundung]). Die Beweislast trägt der Verkäufer (BGH NJW 2021, 3781, Rn. 13).
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cc) Die übliche Beschaffenheit kann sich ferner aus einem Muster oder einer Probe ergeben, die der Verkäufer dem Käufer zur Verfügung gestellt hatte (III 1 Nr. 3); zur Probefahrt beim Neuwagenkauf Staudinger/Artz Rn. 60.
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dd) Ebenso wie bei II 1 Nr. 3 sind auch für die objektiven Anforderungen das Zubehör (ergänzt um die Verpackung) und Anleitungen maßgeblich (III 1 Nr. 4).
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d) Die Merkmale objektiver Anforderungen stehen unter dem Vorbehalt abweichender Vereinbarungen (III 1 [einleitend]). Wer als Käufer andere Merkmale, insbesondere eine andere Qualität, als die üblichen haben möchte, muss dies vereinbaren; die Sachmangelfreiheit bestimmt sich dann nach II. Die Parteien können umgekehrt im Wege „negativer Beschaffenheitsvereinbarungen“ von den objektiv-üblichen Merkmalen „nach unten“ abweichen (Lorenz NJW 2021, 2065, 2066). Beim Verbrauchsgüterkauf ist § 476I 2 zu beachten.
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e) Beim bloßen Mangelverdacht liegt ein Sachmangel vor, wenn zwar die Beschaffenheit der Kaufsache nicht wirklich beeinträchtigt ist, wohl aber ein mit zumutbaren Mitteln nicht auszuräumender Verdacht der Mangelhaftigkeit ihre bestimmungsgemäße Verwertbarkeit nicht unwesentlich erschwert. Bsp: Salmonellenverdacht bei (zur Weiterveräußerung bestimmten) Lebensmitteln (BGHZ 52, 51); Überschreiten des Mindesthaltbarkeitsdatums; Mangelverdacht, weil sich Pkw in Diebeshand befand; Verdacht der Belastung eines Grundstücks mit „Altlasten“ (OLG München NJW 1995, 2566).
5. Montageanforderungen (IV)
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a) Sofern eine Montage (Hauptleistungspflicht, Grüneberg/Weidenkaff, § 434, Rn. 34; → § 433, Rn. 18 ff.) durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage sachgemäß durchgeführt worden ist (IV Nr. 1); bei unsachgemäßer Montage kann der Verkäufer geltend machen, dass er die Montage nicht durchgeführt habe (insbes bei Selbstmontage durch den Käufer) oder sie nicht auf einem Mangel der Anleitung beruht (IV Nr. 2). Umsetzung von Art. 8 WK-RiLi. Montagemängel begründen einen Sachmangel, auch wenn die Kaufsache an sich mangelfrei ist. Ob die unsachgemäße Montage zu einem Mangel an der Kaufsache selbst führt, ist daher unerheblich. Montagemängel, die die Kaufsache nach Gefahrübergang beschädigen, begründen aber einen Sachmangel nach IV, nicht I; Folge: Nacherfüllungsanspruch usw. (§§ 437 ff.) auch hinsichtlich Kaufsache.
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b) Montage ist Zusammen-, Ein- und Anbau, Anschluss, Aufhängen, auch Installation (zB Computerprogramm), die den Gebrauch der Kaufsache ermöglichen. Voraussetzung ist eine kaufvertragliche Leistungspflicht des Verkäufers zur Montage. Eine nachträgliche Erweiterung des Pflichtenkreises anlässlich der Lieferung ist denkbar, setzt bei Gehilfen des Verkäufers aber entspr Vertretungsmacht (§ 164) voraus; ggf liegt ein Werkvertrag mit der Lieferperson vor. Der Verkäufer hat auch einzustehen für Montagefehler seiner Erfüllungsgehilfen (s. § 278); auf „Vertretenmüssen“ des Verkäufers kommt es jedoch beim Sachmangel nicht an, wohl aber uU bei Schadensersatz nach § 437 Nr. 3.
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c) IV soll analog anzuwenden sein bei Mängel der Bedienungsanleitung und bei völligem Fehlen geschuldeter Anleitungen (BeckOK/Faust Rn. 142 f.).
6. Falschlieferung (V)
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a) Die Falschlieferung („aliud-Lieferung“) steht der Lieferung einer mangelhaften Sache gleich. Damit wird die zu §§ 459, 480 aF schwierige Abgrenzung zwischen Falschlieferung und Fehler (s. Lorenz JuS 2003, 36) überflüssig, weil sich die Rechtsfolgen in beiden Fällen nach Mängelrecht (§§ 437 ff.) richten. V gilt für Stück- und Gattungskauf (Grüneberg/Weidenkaff Rn. 40 f.). Beim Stückkauf insbes Identitätsabweichung („Identitäts-aliud“), dh Lieferung eines anderen Stücks als des gekauften (aA Thier AcP 203, 399, 403: Nichtleistung). Beim Gattungskauf Lieferung von Sachen einer anderen Gattung („Qualifikations-aliud“), ferner, wenn eine fehlerhafte und damit nach § 243I nicht vertragsgemäße Sache geliefert wird (→ § 243 Rn. 7).
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b) V ist nicht anwendbar, wenn die Lieferung offensichtlich keinen Bezug zum Anspruch des Käufers hat (BT-Drs. 14/6040, 216 [zu § 434 aF]; Lorenz JuS 2003, 36, 37 stellt auf die vom Käufer erkennbare Tilgungsbestimmung des Verkäufers ab). Maßstab ist Käuferperspektive. Bsp: Lieferung eines Spielzeugautos statt eines Pkw. Rückgewähr der evidenten Falschlieferung gem § 812I 1, nicht § 439V; Lieferanspruch des Käufers aus § 433I (iVm § 273) besteht unverändert fort.
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c) Rechtsfolgen: aa) Nacherfüllungsanspruch (§§ 437 Nr. 1, 439) des Käufers. IdR kommt nur Ersatzlieferung (nicht Nachbesserung) in Betracht. Beim Stückkauf ist der Anspruch gerichtet auf Lieferung der verkauften Sache; beim Gattungskauf gem § 243I auf Lieferung einer Sache aus der vereinbarten Gattung. Nach Fristablauf (ggf § 440) hat der Käufer die Rechte aus § 437 Nr. 2 und 3. Die Verjährung bestimmt sich nach § 438I, II; entspr § 438III nicht bei vorsätzlicher Falschlieferung (Lorenz/Riehm Rn. 492).
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bb) Verlangt der Käufer Ersatzlieferung, hat er dem Verkäufer die Falschlieferung nach § 439V zurückzugewähren. Der Rückgewähranspruch des Verkäufers ist nicht durch § 241aI ausgeschlossen (Kohler AcP 204, 606). In der Falschlieferung kann ein (konkludentes) Angebot zur Vertragsänderung (§ 311I Fall 2) liegen; Annahme ggf § 151.
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cc) Der Verkäufer kann nicht Rückgewähr der falsch gelieferten Kaufsache nach § 812I 1 Fall 1 verlangen (zum Rechtsgrund → § 437 Rn. 1; aA mit Einschränkungen Lorenz JuS 2003, 36, 39; BeckOK/Faust Rn. 215 auf Grund stets möglicher Anfechtung der Tilgungsbestimmung); analog § 439VI sollte dem Verkäufer jedoch ein Rückgewähranspruch gem § 346 (Zug um Zug gegen Lieferung der geschuldeten Sache, § 348 S. 1) zustehen, wenn der Wert der gelieferten Sache den Kaufpreis erheblich übersteigt. Maßstab der Erheblichkeit ist § 439IV, dem der Gedanke zugrunde liegt, der Verkäufer dürfe infolge der Lieferung einer fehlerhaften Sache keine unverhältnismäßigen Einbußen (zum Wertverhältnis → § 439 Rn. 28 ff.) erleiden. Verjährung dieses Anspruchs analog § 438I, II, nicht §§ 195, 199I, IV. § 241a schließt den Rückgewähranspruch nicht aus.
7. Einzelfälle
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Im Rahmen des III („objektive Anforderungen“) kann die fr Rspr zum kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht weiterhin von Bedeutung sein. Stets gehen jedoch Beschaffenheitsvereinbarungen (II 1 Nr. 1) vor. a) Grundstück. Sachmängel können sich bei einem Baugrundstück ergeben aus der Grundstückslage (BGHZ 60, 319, 320) und -größe (vgl KG OLGZ 1989, 193, 197); fehlender Sichtfreiheit; mangelhaftem Baugrund, zB Bodenverhältnisse (BGHZ 117, 104, 105); Deponiegelände (BGHZ 117, 363, 368); verseuchtes Grundwasser (BGH NJW 2013, 1671, 1672); Altlasten (BGHZ 108, 224, 228; MDR 2013, 270), auch Altlastenverdacht (BGH NJW 2018, 389 Rn. 5; OLG München NJW 1995, 2566, iE str;); fehlende Bebaubarkeit (BGHZ 117, 159, 162 mN); Vermietbarkeit (BGH NJW 1987, 2511 f.); Bebauung oder Ausbau ohne Genehmigung (vgl BGH NJW 2011, 142); Geruchsbelästigung durch Klärwerk (BGH NJW-RR 1988, 10, 11); Lärmimmissionen durch Flughafenanlage (OLG Köln NJW-RR 1995, 531). Beim Kauf von Miteigentum am Grundstück hat der Käufer einen Anspruch auf mangelfreie Lieferung für das gesamte Grundstück (BGH NJW 2020, 2104, Rn. 43). Gebäudemängel sind zB Schwamm, Schwammverdacht und sonstiger Feuchtigkeitsbefall (RGZ 85, 252; BGH NJW-RR 1990, 78, 79; 2003, 772), aber nicht zwingend Silberfischbefall, soweit „im Rahmen des Üblichen“ (OLG Hamm MDR 2017, 938); eingeschränkte Heizbarkeit (OLG Karlsruhe NJW-RR 2014, 1525, 1526); Denkmalseigenschaft (OLG Koblenz NJW-RR 2019, 367; OLG Saarbrücken NJW-RR 1996, 692); uU zu geringe Dauer von bestehendem Mietverhältnis (BGH NJW-RR 1990, 972); nicht Fertigbauweise (OLG Düsseldorf NJW 1989, 2001), der (zu geringe) Mietertrag eines Hauses (BGH NJW 1980, 1456; idR Beschaffenheitsvereinbarung erforderlich, unterscheidend BGH NJW-RR 1990, 972), die (fehlende) steuerliche Absetzbarkeit der Erwerbskosten (BGH NJW-RR 1988, 348, 350) oder der Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz bei Errichtung des Bauwerks (BGH NJW 2021, 3397, Rn. 21).
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b) Kraftfahrzeug. Sachmängel bei Neuwagen sind etwa Konstruktions- (BGH NJW 1971, 1795) und Fabrikationsfehler (OLG Köln NJW-RR 1991, 1340; MDR 1993, 619); falsche Farbe (BGH NJW-RR 2010, 1289); irreführende Warnmeldungen (BGH NJW 2019, 292 Rn. 28); Kraftstoffmehrverbrauch gegenüber Herstellerangaben (BGHZ 136, 94: über 10 %); Betrieb nur mit teurerem als im Herstellerprospekt angegebenem Kraftstoff (OLG München NJW-RR 2005, 494); Verzögerung der Beschleunigung eines Geländewagens von mindestens zehn Sekunden nach dem automatischen Getriebewechsel vom zweiten in den dritten Gang bei Geschwindigkeiten über 140 km/h (OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 137); durch Nachlackierung ausgebesserte nicht ganz unerhebliche Lackschäden und (schon) geringfügige Benutzung (BGH NJW 1980, 2127), nicht jedoch bei Überschreiten der Überführungsstrecke um weniger als 20 % (OLG Dresden NJW-RR 2007, 202); Mangel, wenn der als „fabrikneu“ verkaufte Pkw im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht mehr unverändert hergestellt wird (BGH NJW 2003, 2824, 2825), Standzeit von mehr als zwölf Monaten auch bei unverändertem Modell (BGH NJW 2004, 160, Anm Roth NJW 2004, 330, 331); nicht aber Modelländerung zwischen Vertragsschluss und Auslieferung (BGHZ 93, 29, 51) oder Kurzstreckenuntauglichkeit eines mit Partikelfilter ausgestatteten Dieselfahrzeugs (BGH NJW 2009, 2056); auch Tages- oder Kurzzulassung hindert Fabrikneuheit nicht (BGH NJW 2005, 1422, 1423); eine den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzierenden Abschalteinrichtung (BGH NJW 2021, 2958, Rn. 26 ff.; NJW 2019, 1133 Rn. 4 ff.). Bei
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Gebrauchtwagen (auch behobene) Unfallschäden und Unfallbeteiligung (BGH NJW 1982, 1386; 2008, 53; OLG Karlsruhe NJW-RR 1992, 1144; „Unfallfreiheit“ vereinbart; Angabe „Unfallschäden lt. Vorbesitzer Nein“ ist keine Beschaffenheitsvereinbarung [BGH ZGS 2008, 235]; bei Inzahlungnahme eines Altfahrzeugs [→ §§ 364, 365 Rn. 3] haftet auch der Käufer [BGH MDR 2013, 214]), erheblich höhere Fahrleistung als vertraglich vorausgesetzt (OLG Köln OLGZ 1987, 439, 441: 25 % genügt); Abweichung vom angegebenen Erstzulassungsdatum um fünf Jahre (OLG Karlsruhe NJW 2004, 2456); nicht autorisierte Auswechslung von Originaltacho (OLG Köln OLGZ 1987, 439); Änderungen an Kfz-Identitätsnummern (LG Aachen NJW-RR 1997, 1552); Einbau eines leistungssteigernden Chips zur Steuerung der Motorelektronik (OLG Karlsruhe NJW 2007, 443); ein Leck der Kraftstoffzuleitung auch bei einem zehn Jahre alten Fahrzeug (OLG Celle ZGS 2008, 312); mehrjährige Vorbenutzung als Taxi (BGH MDR 1976, 1012) oder Fahrschulwagen (OLG Nürnberg OLGZ 1985, 256); vorzeitiger Verschleiß des Zahnriemens (OLG Naumburg NJW-RR 2011, 64); fehlende Betriebsfähigkeit iSd Zulassungsvorschriften (OLG Bremen ZGS 2005, 117), auch fehlende Zulassungseignung, die auf Nichtübereinstimmung der Angaben im Fahrzeugbrief mit dem Kfz beruht (BGHZ 10, 242; abl Schlechtriem NJW 1970, 1993, 1995), wie Ausrüstung mit nicht typengerechtem Motor (BGH NJW 1983, 1424, 1425); nicht ohne weiteres das Alter (BGHZ 78, 216, 218; aA Honsell JuS 1982, 810, 812; OLG Nürnberg NJW 2005, 2019, 2020 bei vertraglich angegebenem Modelljahr), Baujahr (BGH NJW 1979, 160, 161) oder Modell (OLG Stuttgart NJW 1989, 2547), idR nicht Reparaturanfälligkeit (OLG Köln NJW 1973, 903; Hager NJW 1975, 2276), fehlende Originallackierung (BGH NJW 2009, 2807) oder ein nach Alter, Laufleistung und Qualitätsstufe nicht ungewöhnlicher Verschleiß, der die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt (BGH NJW 2021, 151, Rn. 23), nicht die achtmonatige Standzeit von „Jahreswagen“ (OLG Köln NJW-RR 1989, 699); Mangel allerdings dann, wenn bei „Jahreswagen“ zwischen Herstellung und Erstzulassung mehr als zwölf Monate liegen (BGH NJW 2006, 2694). Bei älteren Gebrauchtwagen müssen neben der bloßen Standzeit Mängel vorliegen, die auf diese zurückzuführen sind (BGH NJW 2009, 1588).
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c) Kunstwerk: Mängel sind neben Fehlern der physischen Substanz (Bsp: Rahmen eines Gemäldes) die Unechtheit des Kunstwerks (BGHZ 63, 369, 371; OLG Karlsruhe MDR 2014, 266 [Bild stammt nicht vom angegebenen Maler]; näher Berger KUR 2003, 137) und ein dessen Eignung als Sammlerstück und Wertanlage verringerndes Abweichen von den Angaben im Auktionskatalog (BGH NJW 2013, 3570 Rn. 13 [einer fr Stilepoche zugeordnete Skulptur ist neuzeitliche Fälschung; allg Schapiro JZ 2013, 549]). Bei Druckwerken (Bsp: [Fach-]Bücher, graphische Darstellungen) sind Mängel äußere Fehler wie Verschmutzung, Beschädigung, fehlende Seiten und giftige Farben (Foerste NJW 1991, 1433, 1436), ferner Druckfehler, wenn sie den Lesefluss nicht nur unerheblich stören. Inhaltliche Fehler eines Druckwerks stellen keinen Mangel dar, denn Bücher werden gekauft, wie sie sind (BGH NJW 1958, 138, 139), es sei denn, der bes Charakter des Werks als Handlungsanleitung (beispielsweise zu medizinischen oder technischen Verrichtungen) oder bes Vereinbarungen mit dem Verkäufer führen zu einer entspr Beschaffenheitsvereinbarung. Auch eine Haftung nach § 1 ProdHaftG ist abzulehnen, wenn der Fehler in der mitgeteilten Information liegt (Foerste NJW 1991, 1433, 1438 f.; aA Cahn NJW 1996, 2899).
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d) Lebensmittel: Verdacht der Genussuntauglichkeit, zB bei Indizierung von Wein anderer Sorte desselben Abfüllers (LG Lübeck NJW-RR 1987, 243, str) oder bei Überschreitung des Mindesthaltbarkeitsdatums (Lindacher NJW 1985, 2933, 2934; aA Meyer BB 1987, 287); verunreinigtes Wasser (BGHZ 59, 303); strahlenbelastete Babynahrung (AG Kiel NJW 1987, 2748, krit Rathke NJW 1988, 2586); hormonverseuchtes Kalbfleisch (s. OLG Düsseldorf NJW-RR 1990, 732, 733).
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e) Technische Arbeitsmittel: Mangel kann in der Abweichung von „technischen Normen“ liegen, so in fehlender „DIN-“, „VDE-“, „CE-“ usw Beschaffenheit (vgl OLG München NJW-RR 1992, 1523, 1524), in der Abweichung von wesentlichen Sicherheits- oder Unfallverhütungsvorschriften (BGH NJW 1985, 1769, 1770; im Einzelfall offen lassend BGHZ 90, 198, 203).
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f) EDV: Mangel ist unzureichende Speicherkapazität der Festplatte (OLG Köln NJW 1991, 2156), idR nicht fehlendes Bedienungshandbuch (BGH NJW 1993, 461, 462 und 2436, 2438: teilw Nichterfüllung) oder ein nicht vollständig übersetztes Benutzerhandbuch (LG Koblenz NJW-RR 1995, 942). Bei Software zB gestörter Programmablauf (BGHZ 102, 135, 145); fehlende Anpassung an Drucker (BGHZ 110, 135, 143); Funktionsmängel (OLG Köln NJW 1988, 2477); Sicherheitslücken in Software von Kaufsachen (dazu Rockstroh/Peschel NJW 2020, 3345); Fehlen obj Gebrauchstauglichkeit (OLG Hamm NJW-RR 1995, 941, 942), nicht schon diese nicht beeinträchtigenden systembedingten Gegebenheiten (OLG Köln NJW-RR 1995, 1460).
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g) Tiere: Kein Mangel, wenn ein Tier nicht in jeder Hinsicht einer biologischen oder physiologischen „Idealnorm“ entspricht, da gewisse Abweichungen bei Lebewesen erfahrungsgemäß häufig vorkommen (BGH NJW 2020, 2879, Rn. 26 f. [Reitpferd]); Mangel jedoch, wenn das Tier krank ist oder mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald erkranken wird (BGH NJW 2020, 2879, Rn. 25 [Reitpferd])
Quelle: United Nations
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